We will rock you
„Kennst du eine Band, die Classic Rock spielt – und zwar britischen?“
Als das Musikfestival Seelze mir diese Frage stellte, war klar, dass die eine Festivalband suchten.
Ebenfalls klar war, dass ich diesen Classic Rock spielen wollte, den britischen. Also nutzte ich die Segnungen der Telekommunikation und rief Klaus Henatsch an, um ihm von dem Projekt zu erzählen.
Klaus ist beschäftigt, er ist ein gefragter Keyboarder und Sänger und als Tastenmann der legendären Band Nektar schließlich auch kein Unbekannter. Doch er sagt ja zu dem Spaß und holt auch gleich Andrea Schwarz (Rosy Vista) und Dominik Dias (Los Tumpolos) als Mitvokalisten für die Bühnenfront dazu.
Die drei schmieden ein Zweistunden-Programm der feinsten britischen Rock-Klassiker von „Alright now“ über „Locomotive Breath“ bis „Solesbury Hill“.
Jetzt braucht es nur noch Instrumente. Mit Köpfen, Fingern und Seele dahinter.
Hannover war schon immer ein guter Fundort für so etwas.
Und spätestens bei der – einzigen – Repertoireprobe zeigt sich, dass es sich auch diesmal so verhält.
Lutz Feuerhahn an der Gitarre, Hilmar Kahl (Kahl) am Bass, Gerd Wennemuth (STS) am Schlagzeug und ich selbst an den Keyboards stellen gemeinsam fest, dass wir uns musikalisch einig sind.
Klaus Henatsch / Andrea Schwarz / Dominic Dias
v.l.n.r.: Klaus Henatsch, Vocals & Keyboards / Lutz Feuerhahn, Gitarre / Gerd Wennemuth, Schlagzeug / Andrea Schwarz, Vocals / Hilmar Kahl, Bass / Dominic Dias, Vocals & Percussions / Andreas Bürgel, Keyboards
In der Stunde vor Konzertbeginn fängt der Himmel über Seelze an, hektoliterweise Regenwasser zu spenden. Himmlische Großzügigkeit ist gemeinhin ja gerne gesehen, hier aber eindeutig zu viel der Ehre. Wer würde sich bei einem solchen Wetter auf den Weg machen?
Wir kennen alle diese Filme, in denen Widrigkeiten (sagen wir: eine Maschinengewehrsalve in den Bauch auf dem Weg zur Rettung der entführten Witwe und Ärgernisse wie Pickel im Meldepflichtformat vor dem Abschlussball) das Publikum 80 Minuten in Bann halten, deren letzten 10 Minuten aber die überraschend harmonische Wendung (sagen wir: die Spontanheilung und spektakuläre Befreiung nebst Sofortheirat beziehungsweise die Erfindung von Haftmakeup und wiederum die unvermeidliche Sofortheirat) in die Fernsehzimmer bringen.
Hier war es nicht so.
Keine Völkerwanderung, die „I can stand the rain“ singend zum Seelzer Rathaus walzte, kein Woodstock-Geist, der – „no-rain-no-rain“ skandierend – die Leute aus ihren trockenen Stuben trieb.
Nur etwa 120 Leute spannten die Schirme auf.
Und wurden verblüfft unter die Erde geleitet.
Schon nach den ersten Tönen aber wird uns auf der „Bühne“ klar, dass die Tatsache, dass wir uns nicht nur „six feet under“ sondern zudem unmittelbar neben dem alten Seelzer Friedhof (auf einer Höhe mit dessen Dauermietern) befinden, Titeln wie Claptons „Cocaine“ einen zusätzlichen Charme verleiht.
Und offenbar sehen das die Leute, die uns gegenüber stehen, genau so.
Die Party beginnt. Tatsächlich.
„Ernsthaft, das soll’s jetzt gewesen sein?“ Wer von uns zuerst diese Frage nach dem Gig stellte, weiß keiner mehr.
Klar wurde aber, dass diese Kombination von unterschiedlichen musikalischen Charakteren unter dem – zugegebenermaßen etwas plakativen – Dach „We will rock you“ dieses Motto gerne auch andernorts und jederzeit wieder einem geneigten Publikum nahebringen würde.
Wir bestehen auch nicht unbedingt auf Tiefgaragen.
Was die Sache doch erheblich vereinfacht. Nicht wahr?
Anruf genügt …